Vom Glück des Lernens
Wachstum, Entwicklung und Ausdehnung sind zusammengenommen ein grundlegendes Lebensprinzip (siehe “Hilfe ich wachse…”). Das gilt im Großen, für das expandierende Universum, wie auch im Kleinen, für jedes Lebewesen. Was nicht mehr wächst und sich entwickelt, das stirbt. Das können wir in der Natur beobachten. Und bei uns selbst. Routine ist der Tod der Lebendigkeit. Lernen und Weiterentwicklung ist deshalb ein konstantes menschliches Grundbedürfnis, das uns lebendig sein lässt. Wir erinnern uns an das erhebende Gefühl, als wir plötzlich Fahrrad fahren konnten.
Wir kommen auf die Welt und lernen bereits vom ersten Moment an. Zuallererst, uns an die Bedingungen anzupassen, zurechtzukommen, in der Familie, in der Schule, im Berufsleben. Als erwachsen Werdende beginnen wir, uns selbstbestimmter und bewusster weiterzuentwickeln und den Ausschnitt aus dem “Weltwissen” und dem nahezu unbegrenzten Erfahrungsraum selbst zu wählen. Neue Sprachen, Tanz, eine Sportart, ein Musikinstrument, digitale Anwendungen, Fachwissen, gelingende Beziehungen gestalten…
Es gibt so viele Dinge, die uns zu einer neuen Blüte führen können. Unabhängig vom Lebensalter. Manche Menschen fangen mit 70 Jahren an, das Klavierspiel zu lernen.
Es kann vorkommen, dass wir in bestimmten Bereich Blockaden entwickelt haben, die unsere natürliche Neugier, unseren Wissensdurst und das natürliche Bedürfnis nach Wachstum und Entwicklung ausbremsen. Manches wurde uns im Schulbetrieb vermiest, anderes haben wir uns vielleicht selbst durch ein unglückliches Erlebnis versagt. Oder trauen es uns schlichtweg nicht zu.
Ich dachte zum Beispiel lange, dass Paragliding nur etwas für super sportliche Abenteurer ist. Bis mich glückliche Umstände dazu führten, von einem persönlichen Instruktor im Einzelunterricht schrittweise an das Gleitschirmfliegen herangeführt zu werden. So bin ich dann nach wenigen Stunden Vorbereitung am Boden - zu meiner eigenen Überraschung - selbst geflogen. Ein großartiges Gefühl. - Und ein gutes Beispiel dafür, wie begrenzt unser Vorstellungsvermögen und unser Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten manchmal sind.
Timothy Gallwey unterscheidet in seinem Buch “The Inner Game of Tennis” zwischen zwei „Selbst“ in jedem von uns: Das bewusste, kritische Selbst, das ständig Anweisungen gibt, begründet und zweifelt. Es ist der Teil von uns, der permanent denkt und uns oft durch Überanalyse und Selbstkritik blockiert. - Auf der anderen Seite steht das unbewusste, natürliche Selbst, das intuitiv weiß, wie man etwas tut, ohne darüber nachdenken zu müssen. Es ist das Selbst, das tatsächlich lernt und ausführt.
Anstatt uns also ständig selbst zu bewerten („Das war schlecht, das war gut“) und zu korrigieren, können wir dazu übergehen, Dinge einfach zu beobachten, wie sie sind. Durch das Zurückdrängen des “Inneren Kritikers” können wir das Lernen erleichtern. Wir dürfen darauf vertrauen, dass unser natürliches Selbst und unser Körper die Fähigkeit haben, sich durch natürliche Anpassung und Experimentieren zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Die Erweiterung unseres Bewusstseins und unserer Fähigkeiten darf spielerisch geschehen. Vielleicht so wie in dem Moment, in dem wir das Gleichgewicht auf dem Fahrrad gefunden haben.
Bild zur Meldung: JackieLou DL auf Pixabay