Lernen im Schlaf
Ich hatte Kopfschmerzen. Und ich war frustriert. Wollte ich hier mit Kopfschmerzen alleine im Zimmer hocken, Trübsal blasen und mir den so wertvollen Trommelunterricht entgehen lassen? Nein, natürlich nicht. Aber allein der Gedanke, schwingend, tanzend mit ausschweifenden Bewegungen meine Ches in das Klangfell meiner koreanischen Buk eintauchen zu lassen, intensivierte meinen Kopfschmerz schlagartig. Nein, keine Chance.
Ich schlurfte vom Zimmer runter in den Gruppenraum, um wenigstens Bescheid zu sagen, dass ich in der Morgenrunde keinesfalls dabei sein könne. Da hatte ich aber die Rechnung ohne unsere Lehrerin gemacht:. - “Warum legst du dich nicht einfach zu uns in den Raum?“ - Auf diesen Gedanken war ich nicht im Ansatz gekommen. Meine zweifelnden Überlegungen, dass es vielleicht viel zu laut wäre, entkräfteten alle mit liebevollen Blicken und einem: „Probiere es aus. Wenn’s nicht geht, kannst du dich ja immer noch ins Bett legen.“
Okay. Ich holte also meine Decke, wählte mir einen angenehmen Platz im Raum und legte mich ermattet hin. Es tat gut zu liegen. Und es war schön, den anderen beim Spielen zuzusehen. Die tänzerischen Bewegungen an der Buk hatten mich schon immer sehr fasziniert. Der warme und tiefe Klang der Trommeln begann zu wirken - ich dämmerte ein.
Ein Tanz zwischen den Welten begann. Mal döste ich, nicht wissend, ob ich wache oder träume. Neue Rhythmen hüllten mich irgendwie vertraut, aber in dieser Traumwelt unverstanden ein. Dann war ich wieder wach, beobachtete die neuen Bewegungen, bis mir die Augen von alleine wieder zufielen. Und dann schlief ich tief und fest, jenseits der Wahrnehmung von Wirklichkeit und Traum. Mehr und mehr spürte ich, dass ich in diesem Zustand zwischen den Welten die ach so gewohnte Kontrolle aufgab, mich immer mehr von Rhythmus und Klang tragen ließ.
Mittagessen. Drei Stunden waren vergangen. „Und? Wie geht es dir?“ Erstaunt stellte ich fest, dass der Kopfschmerz deutlich zurückgegangen war. So könnte ich durchaus an der Nachmittagssession teilnehmen. Aber ich kann das Neue ja alles gar nicht, dachte ich mir so. Aber egal. Dann spiele ich eben einfach nur das, was ich schon gelernt hatte.
Der Nachmittags-Unterricht begann und ich stand, wie alle anderen, an meiner Trommel. Langsam kam ich in den Flow und genoss das Schwingen, den Tanz und das rhythmische Miteinander. Vergessen war der Kopfschmerz. Vergessen war auch, dass ich eigentlich gar nicht hätte spielen können, was ich da grad spielte - das Neue!
Bild zur Meldung: Hans auf Pixabay