Flexibel im Kopf, flexibel im Körper
Das Kind auf dem Land rennt durch das Wiesengras, klettert auf Bäume, springt auf Strohballen oder hockt sich hin, um Insekten anzuschauen. Kinder sind sowohl in ihrem Körper als auch in ihrer Fantasie flexibel. Aber als Erwachsene verlieren wir massiv an Flexibilität.
Was bedeutet Flexibilität? Es bedeutet sowohl physische Beweglichkeit (z.B. beim Yoga) als auch mentale Anpassungsfähigkeit (z.B. bei der Arbeit). Diese zweite Definition mag überraschen, doch anpassungsfähig zu sein bedeutet, bereit zu sein, Neues auszuprobieren.
Wie ist unsere jugendliche Flexibilität verschwunden? Die Flexibilität verschwindet auf drei Arten. Erstens, wenn unsere Muskeln unnötigerweise dauerhaft angespannt sind, werden wir steif. Zweitens verfügen viele Berufe über ein eingeschränktes Bewegungsrepertoire, die Bildschirmarbeiterin und der Fließbandarbeiter werden immer weniger in der Lage sein, alternative Handlungen auszuführen. Drittens werden Leute mit dem Alter “steif” im Kopf. Wir sagen „Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“
Wie können wir solche Steifheit umkehren und unsere geistige und körperliche Flexibilität zurückgewinnen? Betrachten wir der Reihe nach die drei Ursachen für den Verlust der Flexibilität: Unnötige Muskelanspannung, eingeschränktes Bewegungsrepertoire und eingefahrenes Denken.
Erstens: körperliche Steifheit. Viele Menschen empfinden das Dehnen als schmerzhaft.
Aus neurologischer Sicht sind verspannte Muskeln darauf zurückzuführen, dass das Gehirn Signale zu den Muskeln sendet. Eine erzwungene Dehnung ist nicht nur ungünstig, weil sie die Kommunikation unseres Gehirns beeinträchtigt, sondern auch, weil sie die Muskelfasern reißt und Mikronarben hinterlässt. Es wäre viel besser, das Gehirn dazu zu bringen, keine „Kontraktions“-Signale mehr zu senden. Dann wird der Körper flexibler. Das kann man lernen mit achtsamer Bewegungs-Therapie wie z.B. Feldenkrais.
Zweitens: das begrenzte Bewegungsrepertoire. Die Menschen, die geistig und körperlich flexibel bleiben, sind oft die, die ein abwechslungsreiches Leben mit vielen körperlichen und auch geistigen Interessen führen.
Drittens: der Verlust der geistigen Flexibilität und ein begrenztes Bild unseres Potenzials. Wenn ein Kind zum Beispiel ein anderes Kind Fahrradfahren sieht, sagt es sich im Kopf: „Oh, das möchte ich mal machen.“ Bei Erwachsenen hört man meistens: „Das kann ich nicht, das will ich nicht, “.
Dabei ist der Geist der flexibelste „Muskel“ unseres Körpers. Mit einem flexiblen Geist, der Abwechslung akzeptiert und ständig lernt, können wir unser Potenzial ausschöpfen, sowohl in Bezug auf die Flexibilität des Körpers als auch des Geistes.
Ben Parsons, Feldenkrais Lehrer, www.potsdam-feldenkrais.com
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