Open minded - wie das Leben selbst
Spielerisch an die Dinge heranzugehen (siehe vorigen Beitrag), das scheint erstrebenswert. Eine offene, lernende Haltung, die Fehler erlaubt, diese nicht bewertet, sondern ganz im Moment bleibt, anstatt einem bestimmten Ergebnis anzuhaften. Je verkrampfter wir an die Dinge herangehen, desto mehr Fehler machen wir. Wie z.B. im Tennis (vgl. The Inner Game of Tennis, Timothy Gallwey).
Das gilt für den Sport ebenso wie für Beziehungen oder Erfolge im Beruf. Und letztlich für die gesamte Menschheit und das (Über-)Leben auf dem Planeten.
Doch wie werden/ bleiben wir “open minded”?
Wir haben verschiedene Persönlichkeitsanteile. Da gibt es mindestens einen “konservativen” Anteil mit einem sog. “Fixed Mindset”. Der ist überzeugt davon, dass unsere Fähigkeiten und Talente festgelegt und begrenzt sind. Er neigt dazu, Misserfolge als persönliche Niederlagen zu betrachten und meidet Herausforderungen, um unser Ego zu schützen.
Auf der anderen Seite gibt es progressive Persönlichkeitsanteile mit einem “Growth Mindset”. Sie glauben, dass unsere Fähigkeiten und Talente entwickelbar sind und dass Herausforderungen Möglichkeiten zum Lernen und Wachsen bieten. Sie betrachten Misserfolge als Chancen zur Verbesserung und sind bereit, aus Fehlern zu lernen.
Diese Anteile liegen manchmal im Clinch miteinander und, je nach familiärer und kultureller Prägung, gewinnt der eine öfter als der andere.
“Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.”
Carl Josef Neckermann
Das Leben an sich basiert auf den Prinzipien Wachstum, Kooperation, Flexibilität und Anpassung. Ein Erfolgsrezept, das sich über Millionen von Jahren etabliert und bewährt hat.
Erst in dem Moment, da der “zivilisierte” Mensch auftritt, beginnen andere Prinzipien wirksam zu werden. Separation, Dominanz und das Anhaften an Ideologien. Allesamt wenig lebensfördernde Prinzipien.
Nun sind wir an einem Punkt, an dem die Folgen unserer eigenen “fixen” Vorstellungen unübersehbar werden. Das gilt für das persönliche Leben, wenn wir uns selbst und andere verurteilen oder unter Druck setzen. Und für das kollektive Überleben, solange wir die Natur als Objekt sehen und uns nicht als Teil des einen lebendigen Organismus “Mutter Erde” erfahren.
Unsere Anpassungs- und Zukunftsfähigkeit beginnt mit der Bewusstheit darüber, wo wir eigenen, egoistischen Vorstellungen und Erwartungen unterliegen, die nicht lebensfördernd sind - und diese verwandeln. Indem wir z.B. dem Gemeinwohl und dem Miteinander mehr Gewicht gegenüber dem Eigennutz verleihen.
Und indem wir aufhören, unseren bisherigen Lebensstil als einzig möglichen zu verteidigen, mit einem konservativen Mindset, das sich gegen Veränderungen wehrt.
Lernen und Wachsen heißt auch zu fragen: wie könnte eine andere, wirklich lebensfördernde und beziehungsstiftende Kultur aussehen. Heißt, den offensichtlichen Misserfolg unserer Spezies in der Kooperation mit den anderen Lebewesen als Lernchance zu begreifen. Lernen, wieder wirklich wahrzunehmen, wer und was um uns herum lebt. Uns selbst, unsere Mitmenschen, aber auch die Tiere und die Pflanzen in ihrer Schönheit wahrzunehmen. Alles ist Teil des lebendigen Ganzen. Wir tun uns selbst etwas Gutes, wenn wir diese liebevolle "Open-Mindedness" fördern.
Andreas Fiedler, Businesscoach, Autor und leitender Redakteur der Potsdamer Impulse
Bild zur Meldung: Angela Bailey auf Unsplash