Sterben im Zyklus des Lebens

„Gestorben wird immer“, las ich als Untertitel der Serie „Six Feet Under“, die sich auf humorvolle Weise mit dem Thema Tod auseinandersetzt. Mit Leichtigkeit, oder sogar Humor, nehmen wir das Thema hier in diesem Land nicht. Gestorben wird zwar auch hier immer, aber meist hinter verschlossenen Türen, außerhalb der eigenen vier Wände, fern vom gewohnten Umfeld. Der Tod wurde outgesourcst. Wir haben Angst vor ihm. Für viele von uns ist es das Schrecklichste, was im Leben passieren kann - einen nahestehenden Menschen zu verlieren.

Und ja, es ist sehr schmerzvoll, wenn jemand stirbt. Nur manchmal kann es auch erlösend sein, beispielsweise, wenn die verstorbene Person lange unter einer schweren Krankheit gelitten hat.

Früher fand das Sterben in den eigenen vier Wänden statt. Angehörige und Freunde konnten sich noch mehrere Tage von der toten Person verabschieden. Auch heute noch wollen wir nach wie vor gerne Zuhause sterben - das sagen 58 %. Und obwohl sich nur 4 % vorstellen können, im Krankenhaus zu sterben, sterben hier über 50 %.

Zudem wird häufig alleine gestorben, wenn es keine Angehörigen gibt. Es fehlt in den Krankenhäusern und in den Hospizen an (ehrenamtlichem) Personal, welches die Sterbenden begleitet. Diese Aufgabe übernehmen immer weniger Menschen. Die Angst vor dem Tod ist zu groß.

Krankenhäuser sind auch Wirtschaftsunternehmen, worunter nicht nur die Ärzteschaft leidet, sondern auch die Patienten: Es kommt vor, dass bei Sterbenden sinnlose Therapien angesetzt werden, mit denen noch schnell Kasse gemacht werden kann. *

Schaut man in andere Kulturen, könnte der Kontrast im Umgang mit dem Tod mitunter kaum größer sein: In einigen afrikanischen Stämmen wird gefeiert, wenn jemand gestorben ist. Die Ahnen haben dort einen höheren Stellenwert als die lebenden Verwandten. Man geht davon aus, dass sie nach wie vor das Leben beeinflussen und so werden sie in Ritualen als Boten der Geistigen Welt kontaktiert und geehrt.

Es ist nicht so, dass diese Menschen nicht trauern. Sie schreien in Gruppenritualen ihren Schmerz heraus, lassen ihren Gefühlen freien Lauf. Sie kennen keine Depressionen. Sie haben die Vorstellung kultiviert, dass alles wieder zurück in den Kreislauf von Leben und Sterben geht. Die Seele bleibt dabei erhalten und ist nicht nur Erinnerung.

In unserer westlichen Kultur gehen wir eher von einem linearen Verlauf von Leben und Tod aus. Hier denken wir, wir müssten die Toten „loslassen“ und haben Angst, dass mit den verblassenden Erinnerungen auch der Mensch vergessen ist.

Da es mir hilft, habe ich mich dafür entschieden, davon auszugehen, dass es so etwas wie eine Seele gibt. So ist der Mensch für mich nicht ganz verschwunden. Mir hilft es auch, mir immer wieder bewusst zu machen, dass der Tod zum Leben dazugehört. Denn, gestorben wird immer.

Katharina Höricke, Coach und Redakteurin der Potsdamer Impulse

* uni-frankfurt.de