Fasten im Gehirn
Ich habe Hunger. Mein Körper ruft “Essen. Essen. Essen.” All die Jahre Meditationstraining scheinen da wenig dran zu ändern, dass ich jetzt einfach gerne eine Pizza hätte...
Ein paar Tage später. Ein interessantes Gefühl der Zufriedenheit hat sich eingestellt. Ich fühle kaum noch Hunger, eher Leichtigkeit. Ich habe nicht auf den nach Hunger schreienden Körper gehört, sondern gefastet.
Tatsächlich hat mir vermutlich neben der Achtsamkeit vor allem eins geholfen: Mein Wissen, dass Fasten ziemlich gut für das Gehirn ist. Fasten reinigt nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Meistens zumindest.
Was aber passiert im Gehirn, wenn wir fasten?
Es wird angenommen, dass das Fasten einen großen Einfluss auf den Botenstoff Serotonin hat. Der ist eng mit unserer Zufriedenheit verknüpft und spielt auch bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen eine wichtige Rolle. Dort fehlt es meist an Serotonin, weswegen viele Antidepressiva dabei nachhelfen.
Ähnliches geschieht auch beim Fasten. Und zwar wird das Serotonin von den Nervenzellen freigelassen, um sich dann im nächsten Schritt an eine weitere Nervenzelle zu binden. So wird die Information im Gehirn weitergegeben. Praktisch: „Leute wir sind zufrieden.“ Das Serotonin, das sich nicht an eine andere Nervenzelle anbindet, wird wieder eingesammelt. Bei manchen Menschen wird dies aber zu schnell getan, so dass gar nicht so viel Serotonin an die andere Nervenzelle andocken kann. Sozusagen wird also schon aufgeräumt, obwohl der Geburtstag noch nicht vorbei ist. Dieses Wiederaufnehmen des Serotonins wird beim Fasten verlangsamt.
Durch das Fasten reduzieren sich nämlich die Wiederaufnahme-Rezeptoren und somit wird mehr Serotonin von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergegeben und die gute Laune darf sich weiter ausbreiten.
Ein weiterer Vorteil von Fasten für das Gehirn wird noch untersucht. ForscherInnen gehen aber davon aus, dass sich beim Fasten das Nervengewebe auch selbst reinigt. Wir alle haben kleine Stoffe im Gehirn rumfliegen, die unsere Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Ähnlich, wie Sand im Getriebe „verkalken“ Proteine die Nervenkommunikation. Dies ist meistens auch der Grund für eine Alzheimer-Demenz. Der freiwillige Verzicht auf Essen führt zu einem Abbau dieser Proteine. Ob Fasten auch gegen das Auftreten oder Fortschreiten der Demenz hilft, ist aber noch nicht bewiesen.
Kann Fasten auch schädlich sein?
Für den gesunden Menschen sollte ein moderates Fasten nicht schädlich sein. Dennoch kann Fasten wie jede andere Tätigkeit, die ein positives Gefühl erzeugt - nach den harten ersten Stunden- ein Suchtpotential in sich tragen. Das Gefühl bei der oben angesprochenen Serotoninausschüttung kann für Menschen eine Belohnung sein. In Kombination mit dem Abnehmeffekt durch Fasten und dem damit einhergehenden schlanken Schönheitsideal entfaltet es zum Beispiel bei Menschen, die unter Essstörungen leiden einen schädlichen Effekt. Psychisch vulnerable Menschen sollten daher das Vorhaben mit einem Arzt oder Therapeuten absprechen. Und immer gilt: lieber moderat als extrem.
Dann steht dem größten Einfluss auf die Psyche wenig im Weg: Fasten lässt uns ein wenig über uns selbst hinauswachsen. Das merkt sich unser Gehirn.
Bild zur Meldung: © Ben Parker auf Unsplash.com