Ein Happs für dich, ein Happs für mich
Ich finde, Ernährung ist ein sehr intimes Thema. Was ich in meinen Körper stecke, geht keinen was an. Deswegen bin ich meistens auch ganz schnell weg, wenn sich auf einer Party zur Buffett-Stunde plötzlich die Gräben zwischen Veganern, Vegetariern, Pescetariern, Low-Carb-Fanatikern, Clean-Eatern, Keto-Kriegern, Laktose-Intoleranten und Brot-Verweigerern auftun. Das ist dann oft wie in den Seitenstraßen beim ökumenischen Kirchentag: Hinter der Toleranz ist doch jeder heimlich überzeugt, dass er selbst dem einzig wahren Ernährungs-Gott huldigt. Mir schlägt sowas total auf den Appetit. Schließlich leben wir im 21. Jahrhundert. Es ist einfach absurd, dass es immer noch Menschen gibt, die meinen, es gäbe nur den einen Gott, die eine Therapieform oder eben nur eine richtige Ernährungsform für alle. Was mir allerdings auch schwer in der Magengrube liegt, sind Menschen, die überhaupt keinen Gedanken daran verschwenden, was sie ihrem Körper zuführen. Die täglich ausblenden, dass Billigfleisch weder gesund noch ethisch vertretbar und nachhaltig sein kann. Oder dass die meisten Soft-Drinks nachweislich die Sucht-Zentren im Hirn aktivieren. Oder Eltern, die ihren Kindern jeden Tag Eistee in die Schulflasche kippen. Da fällt es mir plötzlich doch recht schwer still zu sein und jedem seine Essens-Intimsphäre zu lassen.
Ich glaube nicht, dass es DIE richtige Ernährung für jeden gibt. Aber eine bewusste Haltung zum Essen kann man in heutigen Zeiten, mit dem heutigen Informationsstand durchaus verlangen.
Nicht nur, weil es zum modernen, aufgeklärten Dasein dazugehört. Sondern schon allein deswegen, weil unsere Ernährung nicht nur die Gesundheit unseres Körpers sondern auch die unseres Planeten Erde mitbestimmt (siehe Beitrag zur Ökologie). Schauen wir dort nicht genau hin, werden wir unnötig träge, leistungsarm oder gehen regelrecht kaputt. Beim Auto ist das für jeden nachvollziehbar - Benziner und Dieselautos fahren mit Benzin und Diesel, ein Elektroauto mit Strom. Aber ihr urpersönliches Vehikel betanken noch immer viel zu viele Menschen mit allem möglichen Mist. Hauptsache, die Karre macht irgendwie die nächsten Kilometer.
Ich persönlich glaube, dass sich die individuelle ideale Ernährung aus verschiedensten Komponenten zusammensetzt. Meine spezielle Formel dazu: „Weltanschauung ÷ Lebensmittel- verträglichkeiten x nachhaltiger Lebensstil + Machbarkeit im Alltag, das Ganze potenziert mit gesundem Menschenverstand = das, was dir gut tut und dich gesund hält“. Diese Gleichung darf jeder Mensch für sich selbst lösen - für ein harmonisches, genussvolles und gesundes Miteinander von Körper und Seele. Und am Buffet mit den Mitmenschen bitte immer schön nach dem Motto „Inspiration“ statt „Inquisition“ ; ).
Eure Julia,
(die übrigens zur Paleo-Ernährung tendiert, aber trotzdem nie ohne Schoki könnte)
Bild zur Meldung: © Julia Berger